„In welcher Form wird die Stadt Wuppertal im Jahr 2023 der Gräuel von 1933 – hierzu gehören, im Rahmen der NS-Machtübernahme im Januar 1933, insbesondere die Einrichtung des KZ Kemna, aber auch die öffentlichen Bücherverbrennungen in Elberfeld und Barmen – gedenken? Diese und weitere Fragen möchte die SPD-Ratsfraktion im nächsten Kulturausschuss beantwortet wissen“, erläutert Bürgermeister Heiner Fragemann, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion, eine Große Anfrage seiner Fraktion.
Im Juli 1933 wurde das Konzentrationslager Kemna, eines der ersten deutschen Konzentrationslager, im Wuppertaler Ortsteil Kemna, zwischen Beyenburg und Oberbarmen, von Nationalsozialisten eingerichtet. Es bestand bis zum 19. Januar 1934.
Über die unvorstellbar grausamen Zustände in dem Konzentrationslager wird in Berichten festgehalten: Die SA pferchte die Gefangenen in die zum KZ umfunktionierte, ehemalige Putzwollfabrik an der Beyenburger Straße unter katastrophalen hygienischen Verhältnissen zusammen. Die Häftlinge mussten willkürliche Gewalt und Folter über sich ergehen lassen. Inhaftiert wurden in erster Linie so genannte politische Häftlinge – Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter – aus dem Bergischen Land. Zu besonderen Grausamkeiten führte der Sachverhalt, dass die Wächter dieses KZs zumeist aus Wuppertal und der Region kamen und viele der Insassen und Wärter sich untereinander kannten und hier aufeinander trafen. Die Zahl der Inhaftierten im Laufe der sieben Monate dieses KZs wird auf bis zu 5000 geschätzt.
Heiner Fragemann führt aus: „Auf mündliche Anfrage unserer Fraktion in der vergangenen Sitzung der Kommission für eine Kultur des Erinnerns zu geplanten Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem 90sten Jahrestag der NS-Machtübernahme erfuhren wir unter anderem, dass das Gelände des ehemaligen KZ Kemna, das 2019 vom Gesamtverband der evangelischen Kirchen Wuppertal erworben wurde, zu einem Gedenkort werden solle und auch eine Projektidee zum KZ-Kemna entwickelt werde. Vielleicht ergeben sich ja aus diesen bereits bestehenden Planungen und Ideen auch Kooperationsmöglichkeiten für die Stadt.“
Desweiteren wurde in der oben genannten Kommissionssitzung über eine geeignete Form des Gedenkens an die frühen Bücherverbrennungen in Wuppertal gesprochen. Schon am 1. April 1933, sechs Wochen vor den reichsweiten Bücherverbrennungen in deutschen Universitätsstädten, wurden in Wuppertal, am Brausenwerth in Elberfeld und auf dem Barmer Rathausvorplatz, die Bücher „undeutscher Autoren“ öffentlich verbrannt. Die Kommission für eine Kultur des Erinnerns schlägt einen künstlerischen Wettbewerb und ein Schulprojekt und dafür die Einwerbung von Fördermitteln vor. „Auch hier würde es sich für die Stadt Wuppertal eventuell anbieten, für Aktivitäten zu dieser Thematik eine Verbindung zu den 90sten Jahrestagen in 2023 herzustellen“, so Fragemann weiter.
„90 Jahre, mehr als ein durchschnittliches Menschenleben dauert, sind das KZ und viele weitere Gräuel bald unfassbarer und entsetzlicher Teil unserer Stadtgeschichte. Wir stehen in der Verantwortung, an dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte und daran, wozu Menschen – im negativsten Sinne – fähig sind zu erinnern und der Opfer der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft zu gedenken. Die Ursachen und Zusammenhänge, welche in Deutschland die NS-Gewaltherrschaft möglich machten, müssen in deren historischen Kontext eingeordnet und für die gesamtgesellschaftliche Diskussion jetzt und für die nachfolgenden Generationen transparent gehalten werden.“